Vom Halsschmerz bis zur Mandel-OP

Halsschmerzen sind besonders in der Erkältungszeit ein häufiger Grund für Arztbesuche. Meistens deutet ein Kratzen im Hals auf den Beginn einer Erkältung hin.

In 50-80% der Fälle liegt ein Virusinfekt vor (meist Rhinoviren = Schnupfenviren). Bei den bakteriellen Infektionen handelt es sich meistens um sog. A-Streptokokken.

Virale sowie bakterielle Infektionen klingen innerhalb einer Woche in der Regel von alleine wieder ab!

Antibiotika sind meist unnötig!

Gegen Viren helfen Antibiotika ohnehin nicht, und bei bakteriellen Mandelentzündungen nützen sie nur mäßig: Die Erkrankung verkürzt sich dabei um maximal 1-2 Tage.

Da Antibiotika Resistenzen erzeugen können und oft mit Nebenwirkungen, wie z.B. Durchfall oder allergischen Hautreaktionen einhergehen, sollte stets sorgfältig abgewogen werden, ob eine Gabe dieser Medikamente wirklich sinnvoll ist.

Was deutet auf eine bakterielle Entzündung hin?

Virusinfektionen sind auch vom Arzt nicht sicher von bakteriellen Infektionen zu unterscheiden!

Fieber, geschwollene und belegte Mandeln, Schwellung von Lymphknoten am Hals bei gleichzeitigem Fehlen von Husten und Schnupfen sind typisch für eine bakterielle Infektion.

Liegen alle genannten Symptome vor, so handelt es sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 60% wirklich um eine bakterielle Entzündung.

Mandelentzündungen heute weniger riskant als früher

Früher war das Rheumatische Fieber, welches Herz- und Nierenerkrankungen nach sich ziehen konnte, als Folgeerkrankung von Mandelinfektionen gefürchtet. Deswegen war ein breiter Einsatz von Antibiotika damals auch gerechtfertigt.

Heutzutage ist das Rheumatische Fieber extrem selten geworden.

Warum, ist nicht ganz klar. Womöglich wurden in der Zwischenzeit besonders gefährliche Streptokokkenstämme verdrängt.

Halsschmerzen, die mit einer normalen Erkältung einhergehen, können also zunächst ganz gelassen beobachtet werden.

Sollten die Beschwerden zunehmen, statt nach etwa drei Tagen wieder besser zu werden, sollten Sie ihren Hausarzt aufsuchen.

Hausmittel reichen aus

Es existieren keine Medikamente, die Halsschmerzen besser bekämpfen als herkömmliche Hausmittel.
Die DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin) erachtet die Einnahme sämtlicher sog. „Halsschmerz-Medikamente“ als nicht ratsam.

Empfehlenswert ist dagegen alles, was vom Erkrankten selbst als angenehm empfunden wird:

Verschiedene Kräuterbonbons, kalte Getränke, Eis, lauwarmer Tee mit Honig und andere Hausmittel können sehr wohltuend wirken.
Stärkere Schmerzen können ggf. durch Medikamente wie Ibuprofen etwas gelindert werden.

Wann sollte operiert werden?

Die Entfernung der Mandeln kann bei Kindern (< 15 Jahren) sinnvoll sein, wenn schwere Entzündungen gehäuft auftreten.

Aktuell gelten folgende Richtgrößen:

Innerhalb eines Jahres: mindestens sieben Infektionen
oder
in zwei aufeinanderfolgenden Jahren: je mindestens fünf Infektionen
oder
in drei Folgejahren: je mindestens drei schwere Infektionen

Des Weiteren spielen bei der Entscheidung zu einer Operation natürlich noch Begleiterkrankungen und Antibiotika-Unverträglichkeiten eine wichtige Rolle.

Jede Infektion sollte von den Eltern dokumentiert werden. Häufig treten die Infektion nämlich gar nicht so häufig auf, wie es scheint.
Obwohl es sich um einen Routineeingriff handelt, kommt es bei 6,5 Prozent aller Mandeloperationen zu Nachblutungen, die unter Umständen auch tödlich verlaufen können.

Der „Faktencheck Mandeloperation“ der Bertelsmann-Stiftung hat Überraschendes erbracht:

In manchen Gegenden Deutschlands ist die Wahrscheinlichkeit, an den Mandeln operiert zu werden bis zu 8x höher, als in anderen Regionen!

Operationen werden in Teilen Deutschlands zu leichtfertig und (wahrscheinlich) aus wirtschaftlichen Gründen zu häufig durchgeführt!

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